Montag, 2. November 2009

Józef Retinger und das Heilige Römische Europa



Was steckt hinter der Europäischen Einheit

Einige Fakten über Joseph H. Retinger und seine Aktivitäten, 1880-1960

W.Chr. Taverne

Zitiert aus:
W. Chr. Taverne: Wat niemand schunt te weden...
J. H. Retinger en het streven naar een verenigd Europa.
Hoogeveen 1987, S. 66-67

Es wird am besten sein, zu Beginn einige „Briefe” zu zitieren, die an die Times nach seinem Ableben geschrieben wurden.

„Joseph Retinger, der gestern verstarb, war zuerst als ein Schriftsteller über [Joseph] Conrad und sein Werk bekannt. Während des Krieges wurde er die ‚Graue Eminenz’ von General Sikorski genannt und wurde berühmt für seinen Fallschirmabsprung über Polen im Alter von 56 Jahren... Er war ein selbstloser, engagierter Mann, der nie sich selbst vorschlug, sondern sich damit begnügte, Männer zusammenzubringen, von denen er glaubte, sie würden seine Ideale teilen und könnten zusammen arbeiten, um seine kreativen politischen Konzepte voranzubringen. Er war dieses äußerst seltene Geschöpf, ein ‚politischer Förderer’, und sobald eine neue Idee angestoßen worden war und Fuß gefasst hatte, begnügte er sich damit, ihr von den Seitenlinien weiterzuhelfen, anderen das Rampenlicht der unmittelbaren Leitung überlassend. Er war es, der die Schaffung der Europäischen Bewegung anregte, die den Europarat herbeiführte. Die ganze Entwicklung der Idee der Einheit von Europa, die Schaffung des Europäischen Binnenmarktes und EFTA [Europäische Freihandelsassoziation] sind nur einige ihrer politischen Folgeerscheinungen...

Abgesehen von der Europäischen Bewegung, deren Ziele weitgehend propagandistisch und politisch sind (!), ‚war er es, der die European League for Economic Cooperation (ELEC) erschuf... Er regte die Gründung der Zentral- und Osteuropäischen Kommission der Europäischen Bewegung an... Er gründete später die Bilderbergergruppe... Diese Konferenzen brachten führende Staatsmänner zusammen, die ihre Probleme im Privaten besprechen und Standpunkte mit Männer in wirklich hohen Stellungen in anderen Ländern austauschen konnten. Es war Joseph R., der sie zusammenbrachte und sie alle persönlich kannte. Ich bin ziemlich viel mit J. R. herumgereist, seine Freundschaften in hohen Positionen waren außergewöhnlich. Ich erinnere mich, wie er in den USA zum Telefonhörer griff und sogleich ein Verabredung mit dem Präsidenten traf, und in Europa hatte er kompletten Zutritt in alle politischen Kreise, wie eine Art von Anrecht, erworben das Vertrauen, die Ergebenheit und die Loyalität, welche er hervorrief. Mit seinem Ableben hat Polen einen großen Patrioten verloren, und Großbritannien und die freie Welt den Anreger von Beweggründen, die weitreichende Auswirkungen auf die Geschichte unserer Zeit haben werden”

(Sir E. Beddington-Behrens)

„Wenn ein Europäischer Staatenbund zustande kommt, wie es ganz gewiss geschehen wird, wird er seiner (Retingers) Pionierarbeit viel zu verdanken haben. Immer treu zu Polen, zu Sikorski und zu seinen Freunden, von denen ich stolz bin einer gewesen zu sein, galt seine endgültige Treue der Konzeption eines Vereinten Europas...”

(Lord Boothby)

„Sir E. Beddington-Behrens und Lord Boothby haben zu Recht Dr. Retingers Arbeit für die Europäische Einheit betont. Aber in den letzten Jahren ist er zu der Ansicht gelangt, dass Europa und Nordamerika sich gegenseitig benötigten, und er hat so hart und gewissenhaft für die Atlantische Gemeinschaft gearbeitet, wie er zuvor für die Europäische Bewegung gearbeitet hat. In dem Jahr vor dem Atlantischen Kongress, der vor 122 Monaten in London abgehalten wurde, war Dr. Retinger ein Mitglied des internationalen Organisationskomitees. Mitglieder dieses Komitees lernten seinen Rat zu schätzen und sein bemerkenswertes Wissen über Personen des öffentlichen Lebens in den atlantischen Ländern zu würdigen... Er bleib ‚staatenlos’, da er glaubte, es verleihe ihm größere Freiheit bei seiner internationalen Missionarstätigkeit”

(Mr.G.de Freitas)

The Times, 13.6.1960

JÓZEF HIERONIM RETINGER wurde 1888 in Krakau geboren, wo sein Vater ein Anwalt war. Von deutscher Abstammung. Freund und Justitiar von Graf Zamoyski, ein sehr vermögender Mann. Josephs Vater stirbt kurz darauf und Graf Zamoyski wird sein Vormund. Zamoyski lebte in Paris und es ist an der Sorbonne [Universität], wo Retinger sein Studium beginnt (Fachbereich Kunst) [sic! -> Literaturgeschichte], 1906-08. Währenddessen immatrikuliert er auch an der berühmten Akademie der Politikwissenschaft, sei es mehr oder weniger im Geheimen. Dank Graf Zamoyski kommt Retinger mit führenden Leuten aus Kultur und Politik in Berührung, unter ihnen viele aus dem polnischen Adel. 1910 finden wir ihn in München, wo er einen Kurs in Psychologie besucht. Etwa zur selben Zeit beginnt er seine politische Karriere – allerdings gar nicht so konträr zu seinem ersten Wunsch: der dem päpstlichen diplomatischen Dienst beizutreten. Obwohl er sich in einem Priesterseminar einschrieb, so schied er doch aus als Zamoyski ihm anbot, ihn nach Paris zu schicken und sein Studium dort drüben zu bezahlen (‚Die Welt ist verlockender als das Jenseits’, laut Retinger!). In der Zwischenzeit weiß niemand, wie viel er tatsächlich zu Gunsten von Rom tat.

Von nun an ist sein Leben eine lange Andauer des Reisens: 1910/11 wird eine polnische Auskunftsstelle in London eröffnet und Retinger wird mit ihrer Betreuung betraut. 1912 ist er in Krakau wegen seiner Hochzeit mit Otalia Zubrzycka, eine Verbindung, die nur etwa sechs Jahre hält. Während das Paar immer noch mehr oder weniger glücklich ist verbringen sie ihre Sommerferien in Polen auf dem Anwesen von Otalias Mutter, zusammen mit der Familie Conrad von Kent. Dann beginnt der Erste Weltkrieg und Retinger gelingt es Polen zu verlassen. Er trägt eine Reihe sehr wichtiger Dokumente und Briefe bei sich, unter anderen einen von Erzbischof Bilczewski an seinen Kollegen in Westminster (Kardinal Bourne).

Desweiteren bekommt er Instruktionen von Bilczewski und die Dokumente, die an Retinger übergeben wurden, tragen die Unterschriften von einigen 20 führenden polnischen Persönlichkeiten. Dank dieser Papiere ist Retinger in der Lage zu beweisen, dass er derjenige ist, der das Sagen hat, mit der vollen Handlungsvollmacht überall als ein Art polnischer Botschafter zu agieren. Kurz nach der Beendigung seiner Mission für Kardinal Bourne finden wir ihn in den USA dank Premierminister Asquith. Binnen kurzem ist er mit geheimen Verhandlungen für einen gesonderten Frieden mit Österreich beschäftigt.

Dies ist ein komplexes Thema, weil der so genannte Habsburg- oder Ledóchowski-Plan damit zu tun hat. Dieser Plan wollte für das Haus von Habsburg einen Staatenbund aus römisch-katholischen Ländern in Zentral- und Osteuropa arrangieren. Obwohl dieser Plan vom General der Jesuiten stammte, Graf Wladimir Ledóchowski (er selbst von polnischem Boden), so erwies er sich ebenso, der Traum des späteren Papst Pius XII. zu sein. Um dieses hochgeschätzte Ziel zu erreichen, wurde Retinger zu einem der Verhandlungsführer, zusammen mit Prinz Sixtus von Bourbon-Parma und dem General der Jesuiten. Also machte sich Retinger auf, den General in seiner jesuitischen Festung zu besuchen, dem Schloss zu Zizers, nahe Chur. Da Graf Ledóchowski zu dem Freundeskreis von Retingers Vormund gehörte, wurde er sehr freundlich empfangen und darüber hinaus erwies er sich als der geeignetste Verhandlungsführer.


Graf Wladimir Ledóchowski SJ

Und für diejenigen, die denken, dass diese Geschichte der Vergangenheit angehört, muss ich Sie an jenes Mitglied des Europäischen Parlamentes erinnern, Otto Habsburg, der immer noch das Anliegen des Ledóchowski-/Habsburg-Planes verfolgt, der die Unterstützung jener spanischen Laienorganisation Opus Dei erhält. Aber nicht nur Otto Habsburg hat mit Opus Dei zu tun, obwohl er bereits seit vielen Jahren an der Spitze seines Informations- und Dokumentationsbüros in Madrid steht. Nein, nur wenige Leute wissen Bescheid über den Einfluss von Opus Dei in ‚Europa’: es war der amerikanische Professor Dorn, der während der frühen 50er einmal in zwei Wochen zwischen Paris, Rom, Brüssel und Bonn hin und her reiste, um jene ‚Europäer’, die Opus Dei angehörten, in dem Ablauf zu unterweisen, der folgen sollte. Und fast alle Staatsmänner (Adenauer, R. Schuhman, Bec, Bidault, De Gasperi und v. Zeeland), die sich für ‚Europa’ zu jener Zeit engagierten, gehörten dieser spanischen Laienorganisation an!

[...]

Zum zweiten Mal verheiratet, ohne viel glücklicher zu werden, wird er in eine halbgeheime Organisation im Namen der europäischen Einheit involviert (mit seinem zukünftigen Schwiegervater E. D. Morel), aber als Morel plötzlich stirbt, muss er diese Aktivitäten hinausschieben. In der Zwischenzeit verängstigt der Zweite Weltkrieg Europa und eine weitere Folge von Aktivitäten beginnt – diesmal hauptsächlich in London. Es ist Retinger der zusammen mit Sikorski die ausländischen Politiker organisiert, um auf eine europäische Einheit vorzubereiten sobald der Krieg zu Ende sein wird. Dank Retinger wird BENELUX in den Savoyen geboren (5. Sept. 1944), aber viel wichtiger ist die von Retinger genutzte Gelegenheit, alle Arten von internationalen Anführern zu treffen. Einige Worte mit Averell Harriman sind ausreichend, um in die USA geschickt zu werden, und dank Retingers Ausführungen dort drüben wird der Marshallplan geboren, mit Dean Acheson als dem Secondhand-Erfinder. Reisen nach Polen werden ebenfalls von ihm unternommen, und Nachkriegsentwicklungen werden vorbereitet. Im Mai 1948 findet der gewaltige Europäische Kongress in Den Haag statt, mit Retinger gut versteckt hinter vielen besser bekannten Persönlichkeiten.

Jedoch informiert uns einer seiner Freunde (Denis de Rougemont) darüber, dass es in Wirklichkeit Retinger war, der hinter dem Kongress steckte. Drei sehr wichtige Themen verlangen nach unserer Aufmerksamkeit, nachdem dem Kongress in Den Haag sich mit diesen beschäftigte, z.B. die Notwendigkeit einer Weltföderation, für die zuerst ein Vereintes Europa benötigt wurde; dann ein notwendiger Austausch von historischen Schulbüchern, da den Kindern Geschichte aus einem viel breiterem europäischen Blickwinkel gelehrt werden sollte, nicht bloß von der nationalen Seite; und als letztes von allen, die Notwendigkeit der Einführung eines europäischen Passes.

Da ‚viele der europäischen Anführer aus ihren christlichen Überzeugungen Inspiration und Leidenschaft in ihrer Arbeit für die Europäische Einheit zogen’ (wir bemerkten den Anteil von Opus Dei!), wollte Retinger ebenfalls mit Religion fortfahren. Im Mai 1950 kommt er in Rom an, zusammen mit Domherr John Collins. Begleitet von Dr. Luigi Gedda, Anführer der mächtigen italienischen Katholischen Aktion und intimer Freund und medizinischer Berater von Papst Pius XII, sind sie in der Lage dem Papst zu erklären, warum sie seinen Rat und seine Hilfe benötigen. Ein sehr positiver Beginn schlägt dann in eine äußerst negative päpstliche Einstellung um, und Retinger zieht es vor, Ökumene im Namen von ‚Europa’ so schnell wie möglich zu vergessen. Jedoch unterstützt der gütige Dr. Gedda Retinger weiterhin zwischen 1950 und 1960, jedesmal wenn der letztere nach Rom kommt. Was seine Aktivitäten dann und dort waren vermag keiner zu sagen.

Eine neue Entwicklung von Retinger beschäftigt sich mit Kultur. Der Wunsch dies in Europa einzuführen veranlasst Retinger, mit De Rougemont Kontakt aufzunehmen ( Feb. 1948 ), und nach zwei Jahren harter Arbeit wird das Europäische Kulturzentrum eröffnet (Genf). Als sich das ECC nicht richtig entwickelt, wird es durch die Europäische Kulturstiftung ergänzt (Vorsitzender Prinz Bernhard damals), welches in Amsterdam eine Heimstätte findet. Mit Kultur als einem sehr wichtigen Thema ist die Schlussfolgerung aus den gezeigten Aktivitäten, dass Kultur in der falschen Art und Weise genutzt wird, z.B. um nationale Werte wie nationale Geschichte zu zerstören, zwecks Verbreitung von ‚europäischer’ Kultur – im Namen Roms!

Die Bilderberg-Bewegung entsprang als nächstes dem Gehirn Retingers und um unnötigen Verbrauch von Papier zu ersparen findet der Leser die Liste mit Bilderbergern auf Seite 45 erwähnt. Diese Bewegung begann, weil Retinger fand, dass dort erhebliche Menge an anti-amerikanischen Gefühlen unter den Europäern sei, und über die Bilderbergerkonferenzen und das Zusammenbringen jener von den zwei Kontinenten hoffte er, dass diese Gefühle verschwinden würden. Nun, trotz der unablässigen Abfolge von Bilderbergkonferenzen beklagte sich der amerikanische Botschafter in London, Charles Price, nur einige wenige Monate zuvor (1987) über den starken Anti-Amerikanismus heutzutage – also alles vergebens? Nein, aber da ist etwas anders hinter Retinger und seinen Aktivitäten – und das wollte ich Ihnen zeigen!




Eng damit verbunden:

1917 lud Ledóchowski Mathias Erzberger, einen Abgeordneten der deutschen katholischen Zentrumspartei, zu einem geheimen Treffen ein.

Erzberger berichtete später Freunden, dass der General ihn überzeugt hatte eine Strategie zu unterstützen, das vereinte Reich unter dem protestantischen Kaiser Wilhelm II zu zerstören, mit dem Ziel die katholischen Nationen von Zentral- und Osteuropa in einer pan-germanischen Föderationen unter einem charismatischen Diktator beauftragt mit der Unterwerfung der kommunistischen Bedrohung aus dem Osten zusammen zu bringen.

Dr. Hans Canossa, der die Faktenmuster des Abgeordneten nach Zizers dokumentierte, beobachtete, dass „jedes politische Manöver, das Erzberger seit seiner Unterredung mit dem Jesuitengeneral anstellte, nur dazu gedient hat, diese jesuitische politische Strategie voran zu treiben.” (Manfred Barthel, The Jesuits, William Morrow, S. 254-255)

http://continuingcounterreformation.blogspot.com/2008/10/wlodimir-vladimir-Ledóchowskis.html




Weiterführende Links:

Le Cercle and the struggle for the European continent
Private bridge between Vatican-Paneuropean and Anglo-American intelligence

http://www.pehi.eu/organisations/Le_Cercle.htm

Die Anfänge der Bilderbergertreffen zeigen mögliche Verbindungen zu den Malteserrittern auf
http://vatikanische-nwo.blogspot.com/2009/11/die-anfange-des-bilderbergertreffens.html

Józef Hieronim Retinger
http://de.wikipedia.org/wiki/Retinger